Mental Load – Warum die Verantwortung für die Care-Arbeit Mütter so belastet

Von Nadine Rautenstrauch

Von Nadine Rautenstrauch

Mental Load wird oft als die „mentale Last der Mütter“ bezeichnet. Aber was ist sie genau und warum haben vor allem Frauen und Mütter damit vorrangig zu kämpfen? 

Definition von Mental Load

Mental Load definiert sich aus der Summe der Alltagsaufgaben, an die in einem privaten Haushalt jemand denken muss, sie dann organisieren und deren Umsetzung verfolgen muss. 

Je größer der Haushalt, umso mehr Mental Load fällt an. 

Mental Load ist, wenn du Scheiße schreistweil du mit Gewissheit weißt, dass sich um die Dinge, die du für deine Familie organisiert, und um die Aufgaben, die du übernimmst, niemand sonst verantwortlich fühlen würde, wenn du sie unterlassen würdest. 

Mental Load = die gesamte unbezahlte und unsichtbare Care-Arbeit

Mental Load umfasst die gesamte unbezahlte und unsichtbare Care-Arbeit, zu Deutsch Sorgearbeit. Unter Care-Arbeit fällt das Sich-Kümmern und Pflegen von Kindern und Familienangehörigen. Die mentale Last, die Sorgearbeit mit sich bringt, umfasst deshalb auch die Gefühlsarbeit und die daran hängenden Sorgen und Ängste

Es geht bei Mental Load in erster Linie um das „Sich-Verantwortlich-Fühlen“ für etwas und/oder jemanden. Der Begriff gibt der Erschöpfung von Frauen und Müttern im Familienalltag eine Stimme. 

Care-Arbeit (Sorgearbeit) fällt immer noch weitgehend Frauen und Müttern zu. Sie gilt auch heute noch als eine, zu jederzeit verfügbare, weiblich besetzte, vollkommen prestigelose Ressource, an der man sich gesellschaftlich bedient, wie es Franziska Schutzback in ihrem Buch „Die Erschöpfung der Frauen“ formuliert. 

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Mental Load und Gender Care Gap

Der Gender Care Cap für unbezahlte Sorgearbeit beträgt in Deutschland laut einer Studie des BMFSFJ (Aug-2019) 52,4 %. Das heißt: Frauen erbringen 52,4 % mehr Einsatz für Haushalt und Kinderbetreuung als Männer. 

Mütter sind aufgrund des Zeiteinsatzes für Sorgearbeit deutlich häufiger in Teilzeit beschäftigt als Männer, was ein geringeres Lebenseinkommen und im Alter zu niedrigen Rentenversicherungsansprüchen führt.

Das Statistische Bundesamt meldet dazu im März 2021, rund 66 % aller Mütter und nur 6 % der Väter arbeiten in Teilzeit

Mental Load kann für Menschen weitreichende negative psychische Konsequenzen haben. So schreibt Laura Fröhlich in ihrem Buch „Die Frau fürs Leben ist nicht das Mädchen für alles“: 

„Mental Load heißt, an alle Aufgaben, Termine und tägliche Routinen denken zu müssen, und das ist besonders im Familienalltag ein unendlicher Berg an Dingen. Es bedeutet auch, unter dieser mentalen Last zu leiden, denn der Kopf hat nie Pause und das kann krank und traurig machen.“ 

„Mental Load legt ein System offen, das Frauen diskriminiert und Männer privilegiert“, erkennt sie weiter. 

Emmas Mental-Load-Comic

Die französische Comiczeichnerin Emma hat 2017 in ihrem Buch „you should have asked“ zu Deutsch „du hättest doch bloß fragen müssen“, Mental Load in Bildern dargestellt: 

Mental Load Emma Comic
Quelle: https://krautreporter.de/1983-du-hattest-doch-bloss-fragen-mussen

Mental Load in der Beziehung

Auch ich habe mich nicht wissentlich und willentlich in eine Mutter verwandelt, die das typische Rollenbild repräsentiert. Im Gegenteil, ich wollte genau dies ausdrücklich nicht und wollte alles tun, um unabhängig und selbstständig zu bleiben. 

Jedoch, nach dem ersten Kind bereits schnappte die Mutterfalle zu. Kaum zur Mutter befördert, fielen mir wie von Zauberhand fast die komplette Verantwortung für Kind und Familienmanagement zu. 

Der Arbeitgeber meines Mannes lehnte die gewünschten Monate Elternzeit ab, die wir gerne von Geburt unserer Tochter genommen hätten. Mein Mann fügte sich dem beruflichen Druck, aus Angst seinen Job zu verlieren und das Haupteinkommen, das er für unsere Familie erwirtschaftete, nicht mehr garantieren zu können. 

Meine Zeitsouveränität war dahin. Plötzlich fand ich mich wieder zu Hause, allein, mit Baby und neuen Alltagsaufgaben. So wollte ich das nicht. Ich wollte schnell wieder in meinen Beruf zurück und mir die Haushaltsführung und Sorgearbeit gerecht mit meinem Mann teilen. 

Die Politikwissenschaftlerin Dr. Antje Strupp spricht mir heute nach dem dritten Kind aus dem Herzen, wenn sie sagt: 

„Mütter kümmern sich um Kinder nicht, weil sie es wollen, sondern weil sie es müssen. „Müssen“ nicht in dem Sinne, dass sie jemand dazu zwingt, sondern im Sinne des Erkennens einer Notwendigkeit“. 

Denn wer kümmert sich um unsere Kinder, wenn sie krank sind oder die Betreuungseinrichtung geschlossen hat? 

Wer gleicht ganz automatisch Abwesenheitszeiten des meist männlichen Hauptverdieners aus und wer jongliert neben der Erwerbstätigkeit sämtliche die Kinder betreffenden To-dos? Wer muss an alles denken, weil es sonst nicht gemacht wird? 

Unbezahlte Care-Arbeit

Ein Problem der Care-Arbeit ist, dass sie unbezahlt ist und gemeinhin deshalb keine Wertschätzung erhält. Ist eine Frau „nur“ für die Versorgung der Kinder und des Haushalts zuständig, passiert es leicht, dass sie nie enden wollende Arbeitstage hat. 

Kommt ein Mann nach der Erwerbstätigkeit nach Hause, fühlt er sich oft im wohlverdienten Feierabend, wobei die Frau ja „nur“ zu Hause war und somit keinen Anspruch auf Erholungszeit erheben dürfe. Sie kümmert sich also auch nach einem vollen Tag Kinderbetreuung und Haushaltsaufgaben bis weit in den Abend um die anfallenden Aufgaben. 

Leidest du unter Mental Load? Das sind die typischen Symptome

Typische Symptome des Mental Load sind eine zunehmende Freudlosigkeit und das Gefühl ständiger Überlastung

Die mentale Aufgabenliste hört nie auf, in deinem Kopf zu rattern, und trotz erhöhter Arbeitseffizienz schaffst du es einfach nicht, allen Aufgaben gerecht zu werden. Du hast das Gefühl, für alles und jeden in eurer Familie verantwortlich zu sein, und bist erste Ansprechpartnerin für jegliche Anliegen und Fragen

Du hast oft das Gefühl, das zweite Gehirn deines Partners zu sein, erinnerst ihn und machst das Follow-up für alle Aufgaben, die er eigentlich selbstständig erledigen sollte, hast sämtliche Geburtstage und Festtage im Blick und bist alleinige Ansprechpartnerinnen für alle Außenstellen, einschließlich Freunden und Familie. 

Du kümmerst dich um die Organisation von Urlauben und auch um gemeinsame freie Zeit zu zweit. Du allein reißt dir ein Bein aus, um euer Zuhause gemütlich und wohnlich zu gestalten und es möglichst sauber zu halten. 

Du befürchtest, demnächst einen Burn-out oder eine Depression zu erleiden, und möchtest oft davonlaufen und einfach alles hinschmeißen

Dies sind klare Anzeichen dafür, dass du unter Mental Load leidest. 

Laut einer Statistik der RKI (Robert Koch-Institut) von 2012 leiden Frauen mit 5,2 % häufiger unter dem chronischen Erschöpfungssyndrom als Männer (3,3 %). Dies mag daran liegen, dass bei Menschen, deren Tätigkeiten viel Emotionsarbeit erfordern, die Wahrscheinlichkeit eines Burn-outs höher ist. 

Gemma Hartley berichtet in ihrem Buch „Es reicht“, wie sie ihrem Mann zu erklären versuchte, warum es so aufreibend ist, die Haushaltsmangerin zu sein, die Probleme zur Kenntnis nimmt, Lösungen in Auftrag gibt und jeden mit Engelsstimme um die Erfüllung dieser Aufgaben bitten muss. Sie versuchte ihm zu erklären, wie sie den Haushalt am Laufen und anderen mentale Belastungen vom Hals halten würde. 

„Ich bin diejenige, die merkt, wenn Dinge getan werden müssen und meine Möglichkeiten sind begrenzt. Entweder übernehme ich die Aufgaben selbst oder ich delegiere sie an andere. Wenn die Milch ausgeht, setzte ich sie auf die Einkaufsliste oder bitte meinen Mann, welche zu kaufen, auch wenn er selbst den letzten Rest ausgetrunken hat. Ich bin diejenige, die bemerkt, wann Bad, Schlafzimmer und Küche einer Reinigung bedürfen und meine Beachtung aller dieser Details macht aus einer einzigen häufig zwanzig Aufgaben.“ 

Wir führen im Kopf endlose Listen von Dingen, die erledigt werden müssen und fühlen uns unbehaglich, wenn wir um Dinge mehrfach bitten müssen. Wir versuchen unsere Gefühle zu drosseln, um die Wut und die Ungeduld nicht durchsickern zu lassen, wenn wir unsere Partner*in zum wiederholten Male an eine Aufgabe erinnern. Schließlich wollen wir nicht als nervige Meckerziege dastehen.

In welchen Bereichen zeigt sich Mental Load?

Mental Load tritt nicht nur im Privaten in Erscheinung, sondern auch im beruflichen Umfeld

Viele Frauen übernehmen auch im Beruf die Rolle der sich Sorgenden. Sie kümmern sich um die Harmonie unter Kolleg*innen, sorgen für eine aufgeräumte Arbeitsatmosphäre, kochen und schenken den Kaffee in Meetings nach und haben immer ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte anderer. 

Das Problem an diesem Kümmerjob ist nicht das Sich-Kümmern selbst, sondern die Erwartungshaltung, dass dieser in die weibliche Zuständigkeit fällt. 

Die Soziologin Franziska Schutzback analysiert dazu: 

„Die Beziehungsarbeit im Berufsalltag bedeutet eine pausenlose Aufmerksamkeit und Präsenz für andere, während Frauen oft ihre eigenen Bedürfnisse nach emotionaler Versorgung oder Unterstützung vernachlässigen. Sie gehen emotional auf Distanz zu sich selbst, spüren die eigene Müdigkeit nicht, weil sie die ganze Müdigkeit und Bedürfnisse anderer spüren (müssen).“

Frauen werden in allen Bereichen des täglichen Lebens zur Selbstoptimierung angehalten. Sie sollen einer bestimmten Schönheitsnorm entsprechen, verfügbar bleiben für Emotionsarbeit, für Haus- und Familienarbeit. Sie sollen ihr Unbehagen überwinden und an ihrer Work-Life-Balance arbeiten. 

„Wer dennoch scheitert, arm ist, Marginalisierung erfährt, Depressionen hat, verzweifelt oder erschöpft ist, hat nicht das richtige Programm, nicht die richtige Methode oder Einstellung, nicht genügend Glaube an sich selbst“, so Franziska Schutzback. 

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So zeigt sich Mental Load im Alltag 

Du hetzt durch den Tag und denkst schon beim Aufwachen an tausend Dinge gleichzeitig, die erledigt werden müssen. 

Das Kindergartenkind hat heute Wandertag. 

Ist etwas für die Brotzeitbox zu Hause? 

Wo ist der Wanderrucksack? 

Die Trinkflasche und die Matschhose müssen noch herausgesucht werden und wo war nur der Zettel mit der Treffpunkt-Information?

Werde ich es rechtzeitig in die Arbeit schaffen oder muss ich vorher noch jemanden informieren? 

Am Nachmittag werden Freunde zu Besuch kommen, weshalb du den Anspruch spürst, dass die Wohnung heute aufgeräumt werden sollte. Du spürst bereits, wie dir der Zeitdruck im Nacken sitzt. 

Dein Mann steht auf und verschwindet ins Bad, während du, bevor du das Schlafzimmer verlässt, die Rollläden hochziehst, die Fenster zum Lüften öffnest und das gemeinsame Bett aufschlägst. 

Auf dem Weg ins Badezimmer stolperst du über Kuscheltiere, die du noch schnell ins Kinderzimmer räumst. Ganz im Gegensatz zu deinem Mann, der zuvor anscheinend einfach über die gleichen Kuscheltiere hinweg steigen konnte und ohne Verzögerung den Weg ins Badezimmer fand. 

Eines deiner Kinder schreit nach dir und möchte mit dir kuscheln, währenddessen du eine WhatsApp-Nachricht von einer Kindergartenmama bekommst, die dich nach dem Treffpunkt und benötigter Ausrüstung für den heutigen Wandertag deiner Tochter befragt. Während du eine Erwiderung dazu ins Handy tippst, fällt dir ein, dass du dringend morgens noch in der Kinderarztpraxis anrufen musst, um ein Rezept für den Kleinen zu bestellen, da die Praxis morgens am besten erreichbar ist und du sonst den ganzen verdammten Tag am Telefon verbringen musst, um durchzukommen. 

Der Morgen eilt weiter dahin und bevor du das Haus verlässt, leerst du noch schnell die Waschmaschine und lässt den Trockner laufen. Deinem Mann, der daran leider nicht denkt, hättest du dies auch schnell anschaffen können, entscheidest dich aber dagegen, da es dich mehr Kraft kosten würde, als den Vorgang eben selbst zu erledigen. 

Auf dem Weg zur Haustüre stolperst du verärgert über abgestreifte Hausschuhe, die du schnell ins Schuhregal packst und zerkleinerst noch eben die im Gang stehen gelassenen Kartonagen, um sie auf dem Weg zum Auto in die Papiermülltonne zu verbannen.  

Dein Mann ist mit Blick auf die Uhr längst zielstrebig dem Haus entkommen und auf dem Weg in einen durch die eigene Familie ungestörten Arbeitstag. 

Finde den Fehler = Mental Load 

Solche und viele sich den ganzen Tag wiederholende Abläufe von sich aneinanderreihenden, unsichtbaren Aufgabenfolgen, die nur von dir gesehen werden, sind erschöpfend und bilden zusammen den Mental Load. 

Er führt zu dramatischen Erschöpfungszuständen von Frauen und Müttern.

Mütter werden in Deutschland nach wie vor bewusst allein gelassen, wenn es um Vereinbarkeit von Beruf und Familie geht

Viele Frauen und Mütter sind total am Ende, wissen aber nicht, was mit ihnen los ist. 

Patricia Cammaratas Mental-Load-Falle 

Die Mental-Load-Falle, wie sie Patricia Cammarata nennt, schnappt gnadenlos zu, sobald Frau Mutter wird. 

„Männer verzichten zugunsten ihrer Karriere im Zweifelsfall auf eine gute Beziehung zu ihren Kindern, können sich gleichzeitig aber darauf verlassen, dass die Kinder liebevoll umsorgt sind. Und zwar von den Frauen, die ja ohnehin ‚von Natur aus‘ zum Kind gehören und deswegen zu Hause bleiben und den Männern den Rücken freihalten“, schreibt Cammarata in ihrem Buch “Die Mental-Load Falle”. 

Ein weiteres Problem bei Mental Load ist das vollständige Ausführen von Aufgaben, das beinhaltet, einen Prozess zu Ende zu denken

Mental Load, Comic Emma
Quelle: https://krautreporter.de/1983-du-hattest-doch-bloss-fragen-mussen

Paternal Underperforming versus Maternal Gatekeeping

Die Journalistin Anne Dittmann entrüstete sich in einem sehr lesenswerten Artikel für WELT (https://www.welt.de/iconist/partnerschaft/article233149667/Spiegel-Cover-ueber-dominante-Muetter-Reisst-Euch-mal-zusammen-Vaeter.html) darüber, darüber, wie es sein kann, dass ein Haufen Väter Maternal Gatekeeping schreien, statt sich vielleicht mit dem eigenen Paternal Underperforming auseinanderzusetzen. 

Der Begriff Maternal Gatekeeping stellt die These auf, Mütter wollten den Mann nicht an Aufgaben heranlassen oder könnten nicht loslassen. Das wäre einer der Hauptgründe, warum sich Väter bei der Care-Arbeit nicht mehr einbringen könnten. 

Anstelle Mütter im Regen stehenzulassen, mit den Worten „bist ja selbst schuld“, sollten wir hinterfragen, warum einer Mutter das Zutrauen fehlt, Care-Verantwortung abzugeben.

Alexandra Zykunov liefert uns diese Fragen in ihrem Buch “Wir sind doch alle schon längst gleichberechtigt”.

Warum fühlt sich eine Mutter verpflichtet, alles zu regeln? 

Warum sie das Gefühl hat, alles allein machen zu müssen?

Warum hat sie das Gefühl, ihr Partner sieht nur die Hälfte vom Dreck, weiß nicht, wo die Sonnencreme ist, geschweige denn wie viel man davon auftragen muss.

Fragen wir, warum ganze Frauengenerationen, obwohl sie wissen, dass sie die alleinige Beanspruchung der Care-Arbeit langfristig auslaugen, körperlich wie geistig kaputt und finanziell abhängig machen könnte, sich „trotzdem“, und angeblich freiwillig, dazu entscheiden, diese weiterhin allein auszuführen? 

Oder ob sie es vielleicht doch nicht ganz freiwillig tun.

„Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine Frau mit müden Beinen und Migräne. Und hinter jeder erfolgreichen Frau liegt eine Scheidung.“

Maria Sveland

Die Auflösung von Mental Load in 4 Schritten

Schritt 1: Unsichtbares sichtbar machen

Um Mental Load auflösen zu können, muss man sie zuallererst einmal sichtbar werden lassen

Und hey, das ist richtig Arbeit. Ihr werdet staunen, wie groß eure Mental Load wirklich ist. 

Schiebt euch einen Notizblock + Stift oder euer Handy in die Hosentasche und notiert den folgenden Monat jeden Tag & Nacht (!) welche Aufgaben ihr ausführt und um was ihr euch sorgt und kümmert. 

Ich garantiere, es ist so viel, dass ihr es täglich gar nicht schaffen werdet, alles zeitnah zu erfassen. 

Und ALLES wird niedergeschrieben, bitte: Die Kaffeebohnen, die ihr automatisch nachfüllt und auf die Einkaufsliste setzt, den Kinderarzt, den ihr für den U-Termin mehrfach zu erreichen versucht, die Ausflugstasche für die Kinder, die ihr vorbereitet, die wiederholten Haushaltstätigkeiten, die ihr erledigt, den Sandkasten, den ihr aufräumt, die Winterschuhe, die ihr im Regal gegen Sommerschuhe austauscht, das Bett, das ihr frisch überzieht, die ganzen Terminkoordination, Follow-up Arbeit mit eurem Partner und anderen Leuten, Termine und Aufgaben in Kindergarten und Schule, Aufmerksamkeiten und Geschenkaktionen, die ihr organisiert, Bastel- und Backarbeiten, die ihr ausführt, Anrufe, die ihr der Kinder betreffend entgegennehmt, Taxifahrten für eure Kinder, das Fingernägel schneiden der Kleinen, ALLES, einfach alles nehmt ihr auf. 

Ihr könnt die gesammelten Daten auf große Papierbögen bannen oder sie in eine Excel-Tabelle eintragen. 

Eve Rodsky nennt diese Liste: Die „SHIT I DO LIST”. 

Schritt 2: faire Umverteilung

Dieses gesammelte Werk ist die Daten/Fakten-Grundlage deiner Mental Load und umfasst noch nicht mal die emotionale Arbeit, die du auch noch täglich unsichtbar leistest. 

Die „SHIT I DO Liste“ wollen wir nun in die „SHIT WE DO Liste“ verwandeln. 

Die Aufgabe in Schritt 2 ist es, mit eurem Partner einen ungestörten Zeitpunkt zu vereinbaren, an dem ihr diese Liste um die Aufgaben ergänzt, die euer Partner angibt, regelmäßig auszuführen. 

Anschließend geht ihr die vollständige Liste zusammen durch. 

Die Psychologin und Mental-Load-Expertin Patricia Cammarata empfiehlt hinter jedem Punkt auf eurer Liste auch zu vermerken 

  • Wer denkt dran?
  • Wer setzt es um? 
  • Wie oft muss es gemacht werden? (täglich, monatlich, einmal im Jahr)
  • Wie lange dauert es durchschnittlich?

Zur anschließenden fairen Auf- und Umverteilung empfiehlt sie weiter, an diese Liste wie an ein Projekt ranzugehen. 

Im Berufsleben sei es schließlich auch völlig normal ein solches Projekt-Kick-off zu machen, besonders dann, wenn ein Projekt sich über mehrere Jahre/gar Jahrzehnte erstreckt. 

Man setzt sich zusammen und plant, verschafft sich einen Überblick über alle anstehenden Aufgaben, unterteilt diese zu Unterprojekten, wenn es zu viele sind und verteilt dann Verantwortlichkeiten. Sie empfiehlt dies, als Beispiel heranzuziehen, wenn Einwände des Partners in die Richtung „das sei doch viel zu zeitaufwendig“ kommen sollten. 

Schritt 3: praktische Umsetzung 

Auf dem Papier oder in der Tabelle habt ihr nun umverteilt. 

Ein beträchtlicher Anteil deiner Aufgaben sollte inzwischen formell in den Verantwortungsbereich deines Partners abgewandert sein. 

Jetzt geht es an den schwierigsten Teil. Die Umsetzung in der Alltagsrealität

Und hier kann sich Frau oft die Haare raufen. Denn es ist natürlich nicht damit getan, dass der Mann das abendliche Baden der Kinder übernimmt und du dich zuvor wie gehabt weiterhin darum kümmerst, eine angenehm warme Raumtemperatur herzustellen, zu schauen, ob die Badewanne sauber und einsatzbereit ist, Badespielzeug, Kindershampoo und Handtücher bereitlegst, Nachtwäsche und evtl. Bademantel und natürlich noch den Haarföhn griffbereit platzierst. 

NEIN!

Habt ihr entschieden, dass die Aufgabe „Kinderbaden dienstags + freitags“ zukünftig die Verantwortung des Papas ist, so ist er auch selbstständig für den gesamten Prozess von Anfang bis Ende verantwortlich. 

Das heißt in der Praxis, er denkt und plant dieses Date mit den Kindern ein, bereitet es vor, führt es durch und ist auch für die finale Phase, das Aufräumen des Badezimmers, wegräumen der gebrauchten Kleidung, Lüften des Raumes und Ausspülen der Badewanne inkl. Ausdrücken des Badespielzeugs selbst und ohne seine bisherige Assistentin verantwortlich. 

Ruft dein Mann nach deiner Hilfe, habe ich folgenden Tipp

1.     Erstellt gemeinsam Aufgabenkarten

Das Prinzip ist dann ähnlich wie mit einem Handbuch. Der Mann schlägt wie in der Werkstatt oder im Büro das Handbuch auf und zieht sich das Kapitel „Kinder baden“. 

Unter „Kinder baden“ findet sich dann eine Checkliste zur anfänglichen Orientierung, die zum Beispiel so aussehen könnte: 

1.     Termin planen

  • Im Kalender erfassen und Zeit planen

2.     Badezimmer vorbereiten

  • Raumtemperatur passend (muss Fenster geschlossen oder vorgeheizt werden?)
  • Badewanne sauber und einsatzbereit?
  • Badespielzeug bereitlegen 
  • Kindershampoo raus richten
  • Handtücher bereitlegen
  • Wo ist der Föhn?
  • Wo ist der Haarkamm
  • Schlafanzüge heraussuchen
  • Bademäntel ins Bad hängen
  • Hausschuhe

3.     Badezimmer wieder aufräumen

  • Fenster öffnen
  • Badewanne ausspülen und evtl. Ränder und Fußboden trocknen
  • Wasser aus Badespielzeug ausdrücken + aufräumen
  • Alte Kleider der Kinder in die Wäschebox legen
  • Föhn & Haarkamm wieder an ihre Plätze verstauen 

 Die Aufgabenkarten könnt ihr digital anlegen oder der Lernende kann sich die Karte natürlich auch nach eigenem Belieben ausdrucken, laminieren und bei Bedarf zurate ziehen.

Die meisten Väter sind es so gewohnt, nach „Mutti“ zu rufen, dass es von Anfang an wichtig ist, klar zu kommunizieren, dass das nun anders laufen wird. 

Es hilft, den Vergleich mit der Erwerbstätigkeit des Mannes zu ziehen. 

Eve Rodsky gibt Männern dazu ein Gedankenspiel

Stell dir vor, du gehst jeden Morgen in das Büro deiner Chef*in, um zu fragen: „Was soll ich heute machen?“ „Ich warte hier einfach, bis sie mir sagen, was ich machen soll.“

Dieses Szenario kann Männern und Väter zu verstehen helfen, dass sie im Berufsleben bestrebt sind, auf den Lösungsweg möglichst aus eigener Anstrengung zu kommen und in der Regel bereits bei der Einstellung ihrer Stellenbeschreibung die Details entnehmen konnten, für die sie in ihrer Position verantwortlich sind. 

Warum sollte, was im Berufsleben funktioniert, im Privatleben nicht funktionieren?

Wir notieren es mal wie auf einem Flipchart: 

Projekt Kinder & Familie

  • Projektaufwand: 100 % Zeiteinsatz
  • Projektverantwortlichkeiten zu gleichen Teilen: Vater Mario, Mutter Isabell
  • Stellenbeschreibung für Vater Mario 
  • Stellenbeschreibung für Mutter Isabell 
  • Weiter Kapazitäten, die noch erörtert oder erwachsen können: 
    Externe Projektunterstützung, eigene Kinder 
  • Projektunterlagen sind, wo zu finden:
    in der Aufgabenkartei, in den Aktenordnern im Keller, in den Kick-Off-Unterlagen (Shit we do list), im eigenen (!) Kopf

Allen Vätern, die mit dieser Vorbereitung noch Angst vor Maternal Gatekeeping haben sollten, denen sei mit den Worten von Anne Dittman gesagt: 

„Gute Arbeit schafft Vertrauen, da zieht sich jede noch so perfektionistische Gatekeeperin samt Sozialisation sehr gern, ganz selbstverständlich und wie von allein zurück. Mach du dir da mal keine Sorgen.“ 

Schritt 4: Wöchentliches Projektmeeting und KVP (kontinuierlicher Verbesserungsprozess)

Jedes Projekt benötigt einer regelmäßigen Abstimmung des Projektteams, mit einem Beleuchten von Dingen, die bisher gut laufen, und Dingen, die noch besser laufen könnten.

Braucht es noch irgendwo Ergänzungen im Handbuch, Tipps oder eine zeitlich neue Organisation? Wie zufrieden ist das Projektteam insgesamt mit dem Projektfortschritt? Kann es sich schon sehen lassen oder läuft es noch recht holprig?

Ich möchte an dieser Stelle an Laura Fröhlichs und Patricia Cammaratas Bücher „Die Frau fürs Leben ist nicht das Mädchen für alles“ und „Raus aus der Mental Load Falle“ verweisen, um wertvolle Tipps für die Feinjustierung zu bekommen. Die Bücher der beiden Mental-Load-Expertinnen sind randvoll gepackt mit wertvollsten Hilfestellungen und Ratschlägen aus der Alltagspraxis.

Ein Punkt, auf den beide, Cammarata und Fröhlich, hinweisen, ist, den Partner unbedingt in die Planung einzubeziehen. Sonst bleiben nur wieder einzelne To-dos und die Verantwortung bleibt bei dir. 

Erste Hilfe Anleitung, um deinen Alltag als Mama wieder leichter werden zu lassen

3 Gründe, warum du an einer gerechteren Aufteilung deiner Mental Load arbeiten solltest

Grund 1: FÜR DICH 

Du leidest unter der unsichtbaren Last der Alltagsaufgaben und bist an deinem mentalen Limit angelangt. 

An einem Punkt, an dem du dir nicht vorstellen kannst, jetzt auch noch „Kämpfe“ mit deinem Partner um die private Arbeitsteilung führen zu können. 

Du weißt, Veränderungen können unangenehm sein, können anstrengend sein, sind aber doch unverzichtbar, um voranzukommen. 

Die Veränderung, raus aus der Mental-Load-Falle zu kommen, hin zu einem gleichberechtigteren Familienleben, wird dir helfen, Zeit für dein eigenes Leben zu gewinnen. Es schenkt dir die Möglichkeit und die Freiheit, dein Leben nach deiner eigenen Vorstellung zu leben, wie du dir es einst vorgestellt hast. 

„Es ist eine Befreiung, sich selbst und die eigenen Prioritäten an die erste Stelle zu setzten, weil man nicht mehr allen gefallen muss.“ Reshma Saujani

Die Last der Verantwortung wird kleiner, wenn man sie teilt. 

Versuche damit aufzuhören, es allen recht zu machen. Ertappe dich immer wieder dabei, wie du erlernten Verhaltensmustern folgst und werde eine Entscheiderin. Entscheide dich für dich. Immer und immer wieder. 

Grund 2: Für deine Familie

Die Reduzierung deiner Mental Load und die damit verbundene wiedergewonnene Energie und Lebensfreude für dich wird auch Familie und Partnerschaft guttun. 

Nicht umsonst rangieren skandinavische Länder, die uns in Sachen Geschlechtergerechtigkeit vorauseilen, regelmäßig in den Spitzen des Welt-Glücks-Berichts (World Happiness Report). 2022 platziert sich Finnland mal wieder an der Spitze. Deutschland ist in den Top 10 nicht zu finden. 

Grund 3: Für alle Frauen

Schaffe Fortschritt und sprich darüber! 

Du wurdest unerwartet mit der Care-Arbeit in Isolationshaft geschickt, aber all dies ohne Fußfesseln und ohne Klebeband über dem Mund. 

Wir Frauen sollten anfangen, einander einzugestehen, dass wir den Anforderungen an moderne Mütter nicht gerecht werden können. Ganz einfach, weil das politische System und die patriarchalen Strukturen, in denen wir noch leben, es nicht zulassen! 

Wir können uns noch so sehr abrackern, früher aufstehen und die Kuchen 5-stöckig backen, es ist nicht zu schaffen!

Wir sollten uns mehr verbinden, uns unterstützen, Tipps geben, wie wir Last loswerden können, wie wir Raum und Zeit für uns gewinnen können. Und wenn eine Frau, eine Mutter das geschafft hat, dann verdammt noch mal freuen wir uns für sie und versuchen, es ihr gleichzutun! 

Anstelle von Neid und Missgunst, Perfektionsstreben und hilflose Erschöpfung von Müttern weiter klaglos hinzunehmen, beschweren wir uns! 

Verschaffen wir uns Gehör. Ignorieren wir die alten Stimmen, die uns mahnen, jammern gehöre sich aber nicht für eine gute Mutter. Ignorieren wir die, die unsere Mehrfachbelastungen nicht sehen, nicht wahrhaben und entsprechend nicht ändern wollen. 

Für die Mütter sowieso nur auf Spielplätzen und in Cafés „faul herumhängen“ und nichts tun. Sie wissen es nicht besser. Sie wissen es nicht, welch frustrierende Spielplatz und Cafébesuche es geben kann, wenn man dafür den eigenen Arbeitsplatz bereits nach wenigen Stunden verlassen musste, um am nächsten Tag dafür die Pause einzusparen und noch schneller zu arbeiten, damit man überhaupt etwas Berufliches erledigt bekommen kann. 

Damit der Slogan „The Future is Female“ Wirklichkeit werden kann, müssen wir etwas dafür tun. 

In diesem Sinne, ran an die Mental Load!  

Deine Nadine

PS: Wie ist das bei dir? Warst du dir bisher deiner Mental Load bewusst? 

Du fühlst dich ausgezehrt?
Der Kopf schwirrt dir von all den Dingen, an die du gleichzeitig denken musst?
Finde mithilfe der 42 Testfragen heraus, wie hoch deine Mental Load ist.

Mental Load FAQ

  • Was ist Mental Load?
    Mental Load ist die Last der unsichtbaren Alltagsaufgaben. Das ständig an alles denken zu müssen und darauf zu achten, alle Bälle, der Familienorganisation in der Luft zu halten. 
  • Was bedeutet Mental Load für die Beziehung?
    Mental Load ist Gift für jede Paarbeziehung. Es bleibt kaum noch Luft und Raum für ein entspanntes Miteinander ohne Vorwürfe und ständige Unzufriedenheit. 
  • Was ist eine Mental-Load-Liste?
    Mithilfe einer Mental-Load-Liste kannst du oder ihr als Paar gemeinsam alle Alltagsaufgaben sichtbar machen und die Last der Verantwortung gerechter verteilen. Laura Fröhlich stellt dazu eine tolle Excelliste bereit, die man sich herunterladen kann: 
    Mental Load Steuerboard-Liste von Laura Fröhlich
  • Was ist ein Mental-Load-Test? 
    Mit einem Mental-Load-Test kannst du herausfinden, ob deine Erschöpfung auf Mental Load zurückzuführen sein könnte. Klicke hier und mache deinen Mental-Load-Test.
  • Warum sind hauptsächlich Frauen von Mental Load betroffen?
    Die Verantwortlichkeit für Care-Arbeit wird immer noch vorwiegend bei Frauen und Müttern gesehen. Deshalb haben Frauen ein erhöhtes Risiko, von Mental Load betroffen zu sein. 
  • Wie kann ich meinem Mann Mental Load erklären?
    Ich habe meinem Mann den Mental Load Comic von Emma in die Hand gedrückt und mit ihm danach die Bilder mit Szenen aus unserem eigenen Alltag verglichen. Als Einstieg in das Thema Mental Load für Männer, kann ich dieses Vorgehen empfehlen. 

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Nadine Rautenstrauch.

Nadine Rautenstrauch.

Hallo, ich bin Online-Coachin für Mütter. Meine Spezialität ist es Müttern den Rücken zu stärken, indem wir gemeinsam Lösungen und Träume lebendig werden lassen.

Nadine Rautenstrauch mit Au-Pair aus Taiwan.

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